Geschichte der Schokoladenfabrik

 

Herrmann Christoph Julius Commentz (1851-1902) gründete am 19. Juli 1877 die Zuckerwarenfabrik in Ottensen, Winterstr. 9-11. Bevor er diesen Schritt machte, vertiefte er seine kaufmännischen Erfahrungen in Frankreich. 1877 startete er seine Selbständigkeit als „Makler für Consum- und Special-Waren“. Er handelte bald auf eigene Rechnung und nahm deutsche Waren hinzu, besonders die sog. Chosenartikel. Hierzu gehörten auch „Wundertüten“, die damals „Surprises“ genannt wurden. In eigener Regie wurden sie gepackt und an den Groß- und Einzelhandel in ganz Deutschland versandt. Das war der erste Schritt in die Süßwarenbranche. Der zweite, die Bonbonfabrik, folgte kurz darauf.

Als Julius Commentz kurz nach der Jahrhundertwende starb (20.02.1902), hinterließ er ein bedeutendes und weit bekanntes Unternehmen von bestem Ruf neben erheblichen Vermögenswerten in Grundstücken und Schiffsbeteiligungen. Seine Witwe, Amanda Commentz (1856-1930), bisher schon ständige Mitarbeiterin, setzte das Geschäft mit Erfolg fort und nahm 1908 ihre beiden Söhne als Mitinhaber auf. Friedrich Commentz (1882-1939) hatte eine kaufmännische, Hermann (1887-1918) eine technische Ausbildung erhalten. Hermann wurde im 1. Weltkrieg schwer verwundet und erlag seinen Verletzungen im Lazarett in Saarbrücken. Nach einigen Jahren überließ dann die Mutter die Geschäftsführung ihrem Sohn Friedrich. Von Friedrich sagte damals ein langjähriger Mitarbeiter: „Er war ein tüchtiger Mann, der das ererbte Vermögen erworben hat und es anzuwenden verstand.“ Dieser Mitarbeiter war Kurt Hotze, der eine Ausbildung als Volkswirt hatte und aus dem Bankfach kam.

Hauptsächlich wurden in der Fabrik Bonbons hergestellt. Dies waren in erster Linie eingewickelte Rahmbonbons, die nach der Tochter des Fabrikbesitzers „Hannelore-Butter-Karamellen“ genannt wurden. Es gab auch einen „Bonbon Teich“, aus dem über austauschbare Walzen verschiedene Figuren gepresst wurden, die dann über ein Rüttelsieb in einen Windkanal gelangten, wo sie abkühlten und trockneten. Dann wurden sie in große Bonbongläser gefüllt. In dieser Fabrik wurden auch die ersten Lutschbonbons am Stil hergestellt. Sie hießen „Lollis“, ebenfalls nach der Tochter Hannelore, die in der Familie und im Freundeskreis auch „Lolli“ genannt wurde. Das Werbemotto der Firma lautete: „Rirarutsch JCAO-Lutsch!“ Dies war die Abkürzung von Julius Commentz Altona-Ottensen.

Anlässlich des 50jährigen Jubiläums 1927 wurde Kurt Hotze Prokurist und nach dem Tode von Friedrich im Jahre 1939 Teilhaber und persönlich haftender Gesellschafter der damals gegründeten KG. Die Witwe von Friedrich, Gertrude Commentz (1894-1972), wurde Kommanditistin.

Die Zeit bis zum zweiten Weltkrieg brachte dem Geschäft, dank der Tatkraft von Friedrich Commentz, weitere Erfolge. Zeitweise wurde sogar nach Südamerika, Afrika und Indien exportiert. Friedrich Commentz wurde Vorstandsmitglied der Vereinigung von Industrie und Handel, Aufsichtsratsmitglied angesehener Unternehmungen und Träger anderer Ehrenämter.

Durch einen Luftangriff 1943 wurde die Firma zerstört und später wieder provisorisch aufgebaut. In den verbleibenden Räumen wurde dann ab Anfang der 50er Jahre nur noch ein Süßwaren-Großhandel betrieben. Julius Commentz vertrat die Firmen Waldbaur und Trumpf Schokolade. 1965 wurde die Firma komplett an Kurt Hotze verkauft. 3-4 Jahre später ging die Firma dann in den Konkurs. Das Gebäude ging an die Stadt. 1974 mietete eine Gruppe von Eltern und Erzieherinnen die alte Fabrik von der SAGA und gründeten das Kinderhaus Chokoladenfabrik (www.chocoladenfabrik.de),das noch heute besteht.

Im September 2010


PS

Sollte jemand noch Fotos haben, die aus der Produktion stammen, würde ich mich sehr freuen, wenn man mir diese zur Verfügung stellen würde. Und wenn es auch nur leihweise wäre.





Mein Dank geht an das Stadtteilarchiv Ottensen, das mir alle vorhandenen Schriftstück (Briefe von Werner, Hansi und Peter Commentz, handschriftliche Aufzeichnungen der Mitarbeiter sowie einen Sonderdruck der „Deutsche Süßwaren-Zeitung“ von 1952) in Kopie zur Verfügung gestellt haben und mir auch die Fotos ausgeliehen haben, damit ich diese scannen konnte und Euch auf den folgenden Seiten zeigen kann.